Die Vitamine B1 (Thiamin), B2 (Riboflavin), B3 (Niacinamid), B6 (Pyridoxid), B12 (Cobolamin) sowie das strukturell verwandte Ubiquinon (Q10) sind essentielle Bestandteile des intrazellulären Energieerzeugungsprozesses, für den die „Kraftwerke der Zellen“ zuständig sind, die Mitochondrien. Obendrein brauchen die Mitochondrien zur Energieerzeugung vor allem Sauerstoff und Glucose (was nicht bedeutet, dass man -> Industriezucker essen sollte). Die höchste Mitochondriendichte findet man beim Menschen, wenig verwunderlich, im Gehirn, der Netzhaut, dem Herz, der Zunge, der Leber und den Muskeln. Dass die komplexen kleinen Mito-Kraftwerke auch noch für die Entgiftung zuständig sind, sei wenigstens am Rande erwähnt. Vitamin B12 ist gemeinsam mit Folsäure aber an vielen weiteren Körperprozessen beteiligt, inklusive der Produktion von roten Blutkörperchen und Herstellung der Axon-Isolierschicht, des Myelin. Ein schwerer B12-Mangel zeigt sich als perniziöse Anämie, aber lange bevor eine solche Anämie oder eine andere B-Vitaminmangelkrankheit manifest wird, zeigen sich Symptome, die wir alle nur zu gut kennen, von Fatigue bis Neuropathien, von Spasmen bis Empfindungsstörungen. Die Bestimmung des B12-Spiegels ist daher bei MS-Verdacht unerlässlich, wird aber von manchem Neurologen aus unerfindlichen Gründen vergessen. Drängen Sie also darauf, dass man diesen Spiegel feststellt und behalten Sie nachfolgend beim Betrachten ihres Wertes im Sinn, dass „gesunde Grenzwerte“ Ländersache sind. In Sachen B12 gilt man hierzulande als gesund, wenn man einen Blutspiegel von > 300 pg/ml hat. Genauer hingeschaut und ggf. substituiert wird erst bei Spiegeln zwischen < 200 pg/ml.Die Untergrenze zu „krank“ liegt z. B. in Japan (und anderen Ländern, auch europäischen) bei < 500-550 pg/ml, als „normal“ gelten dort Werte zwischen 500 und 1300 pg/ml. Diese völlig andere Norm führt dazu, dass japanische Ärzte schon viel früher genauer hinschauen und bei verdächtiger Symptomatik (siehe Liste oben) mit hohen B12-Dosen intervenieren. (Soweit ich (sb) mich erinnere, gab es in Japan bis in die 70er Jahre keine MS-Fälle. Das könnte allerdings natürlich auch daran liegen, dass es bis in die Siebziger in Japan keine Milchprodukte und keine McDonalds-Filialen gab.) Oder eben weniger oder keinem B12-Mangel. B12 kommt fast ausschließlich in tierischen Nahrungsmitteln vor, bevorzugt in Leber, Nieren, Fleisch, Fisch, Muscheln, Milchprodukten und Eiern. Gemüse liefert höchstens ungewaschen winzige Mengen B12, deshalb müssen wir unser B12 durch tierische Nahrungsmittel beziehen. Das jedoch ist im Rahmen einer MS-gerechten Ernährung nicht immer in ausreichendem Maß möglich – Vegetarier und Veganer kennen das Problem und sind in der Regel ohnehin bestens beraten, Vitamin B12 zusätzlich einzunehmen.Da B12 ein wasserlösliches Vitamin ist und bei „Überversorgung“ problemlos über die Nieren ausgeschieden wird, können Sie bei ermittelten Laborwerten nahe der internationalen Untergrenzen gefahrlos selbst geeignet supplementieren und müssen dazu nicht mal zwingend Spritzen aufziehen: B12 lässt sich schlucken (Kapseln mit 500 oder 1000 mcg) oder sublingual zuführen (vulgo: lutschen) und kostet nicht allzu viel. Sollten Ihre Werte trotz Supplementierung im Keller bleiben, müssten Sie einen Internisten fragen, ob mit ihrem Dünndarm bzw. den Parietalzellen alles in Ordnung ist, denn wenn nicht, können Sie das B12 im Darm nicht korrekt verarbeiten. In dem Fall gibt´s Spritzen.
Achtung: Überdosierungen können (bei echtem Dauerkonsum) zu unangenehmen Hautreaktionen führen (Pickel, Ekzeme, brüchige Nägel und Haarausfall). Diese lassen sich vermeiden, wenn eine B12-Gabe stets durch täglich Biotin (Vitamin B7) 2,5-5 mg und – je nach Ernährungsprofil (s.u. Vegetarier) – durch Folsäure (Vitamin B9) 400-800 mcg begleitet wird (*), da der Biotinbedarf steigt. Generell ist es sinnvoll Vitamin B-Komplexe einzunehmen, da die B-Vitamine miteinander in Wechselwirkungen stehen. Sollten sich solche Hautreaktionen bei Ihnen abzeichnen, stellen Sie den Extra-B12-Konsum bitte zunächst ein und supplementieren dann gegebenenfalls in der beschriebenen Weise.

Kurz: obwohl ein ein-eindeutiger Beweis aus Studien fehlt, ist B12 (möglichst im Komplex) einen Versuch wert. 500mcg sublingual pro Woche für zunächst einmal 8 Wochen dürften dabei absolut ausreichen, um ggf. leere Speicher wirksam aufzufüllen. Vorsicht ist trotzdem unseres Wissens beim gelegentlich empfohlenen zu großzügigem „Zufüttern“ von Folsäure geboten: Zwar scheint echter Folsäuremangel bei der Entstehung von Alzheimer eine Rolle zu spielen und tendenziell bei MS-Patienten eher verstärkt zu finden zu sein, andererseits können aber sehr hohe Spiegel von Folsäure einen B12-Mangel „maskieren“ (überdecken). Da die Einnahme von Folsäure bei Vegetariern und bewusst essenden MS-Erkrankten tendenziell hoch ist (durch grünes Gemüse und Getreideprodukte, die mit Folsäure angereichert sind), sind diejenigen, die einen vorwiegend vegetarischen Lebensstil pflegen, möglicherweise sogar einem größeren Risiko neurologischer Probleme (aufgrund des B12-Mangels) ausgesetzt.
Fazit: Ein im hohem Bereich liegender Folsäurespiegel ist bei gleichzeitig niedrigem B12-Spiegel nicht unbedingt ein beruhigendes Zeichen. Generell gilt auch bei B-Vitaminen die Regel „erst messen, dann essen“ – und wenn man Supplemente nutzt, dann bewußt und gezielt.
(*) siehe; Dr.med. Bodo Kuklinski/Dr. Anja Schemionek: Schulmedizin? Heilung ausgeschlossen! MITOCHONDRIENTHERAPIE-die Alternative, S. 72
(Version 4, Februar 2016, sb/Life-SMS)